„Führung in Teilzeit – was es braucht, dass sie funktionieren kann und warum wir das nicht glauben wollen.“ So lautete der Titel des Arbeitswelten-Vernetzungstreffens am 21. Juni 2018 in der Raiffeisen Informatik. Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher Unternehmen sind der Einladung gefolgt, um mehr darüber zu erfahren, was Unternehmen tun, die Führung in Teilzeit nicht nur zulassen, sondern auch aktiv fördern. Zu Wort kamen aber vor allem auch Teilzeitführungskräfte, die von ihren Erfahrungen berichteten.
Führung in Teilzeit braucht viele Überlegungen, ist aber einfach möglich
Die Autorin des Buches „Führen in Teilzeit“, Brigitte Abrell, ist für unser Treffen von Deutschland in die Raiffeisen Informatik gekommen, um ihre Sicht auf Führung in Teilzeit darzulegen. In ihrem 2015 erschienen Buch beschreibt sie Fallbeispiele gelungener Umsetzungen und hat wesentliche Erfolgsfaktoren identifiziert. Wichtig ist Ihr dabei, „dass es kein Patentrezept gibt. Aber Führung in Teilzeit ist möglich, wenn man sich nur strukturiert mit den nötigen Rahmenbedingungen auseinandersetzt.“, so Abrell.
Führung in Teilzeit bringt Vorteile
Dass Führung in Teilzeit vor allem in puncto Frauen in Führungspositionen ein wichtiges Asset ist, zeigt die im April veröffentlichte Studie des ÖIF, des Österr. Instituts für Familienforschung. Darin wurde aufgezeigt, dass Top-Sharing und Job Sharing mehr zur Förderung von Frauen in der Führung beitragen als etwa Frauenförderprogramme generell, wie Jan Ledochowski, Programmleiter Audit berufundfamilie in der Familie&Beruf Management GmbH erklärte.
Auditor Peter Rieder fügte hinzu, dass Führung in Teilzeit zu 90% an kulturellen Hürden scheitert, denn da wo operative Aufgaben und Führungsaufgaben sauber aufgetrennt werden, ist dieses Modell durchaus möglich. „Wenn wir aber immer die besten fachlichen Exterten und Expertinnen zu Führungskräften machen, ist es tatsächlich schwer, den vollen operativen Job samt Führungsaufgaben in die halbe Zeit zu packen.“, so Rieder.
Führungskräfte in Teilzeit erzählen
Dass Top Sharing bis in obersten Ebenen funktionieren kann, zeigt eindrücklich Nicole Reitinger, Leiterin des IKEA Einrichtungshauses in Haid auf. Sie hat über viele Jahre das IKEA Haus mit einer Kollegin gemeinsam geleitet und dabei viele positive Aspekte kennengelernt. „Natürlich war am Anfang der Abstimmungsaufwand hoch, aber wenn das Vertrauen passt, dann funktioniert das und wird auch dann laufend weniger. Und die eigenen unterstellten Führungskräfte werden ebenfalls empowered, weil diese ja auch mehr entscheiden können und müssen.“, so Reitinger.
Dass Führung in Teilzeit nicht nur Frauen betrifft, haben weitere Best-Practice-Bringer und Bringerinnen gezeigt. Robert Maier leitet eine wichtige Abteilung der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien in Teilzeit, ebenso wie Wolfgang Jäger dies bei der Raiffeisen Informatik tut. Bei beiden war die familiäre Situation ausschlaggebend. Und Führungskräfte, die sie dabei unterstützten, sind sich beide einig.
Gefragt nach dem Umgang der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer Führungskraft in Teilzeit, hatte Nicole Grünauer, Teilzeit-Gruppenleiterin bei der Raiffeisen Informatik, eine klare Antwort parat. „Ich habe eine Führungsfunktion, aber keine Aufsichtspflicht.“, so Grünauer. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wüssten alle, wann die Mutter das Haus verlasse und richten sich auch danach. „Und natürlich bin auch erreichbar, wenn dringend etwas ist. Aber nicht immer und nicht für alles“.
Alles in allem waren sich sämtliche Podiumsgäste einig: Es braucht viel Selbstdisziplin und ein Umfeld, das auch Teilzeitarbeit wertschätzt. Dann steht auch der Führungsarbeit in Teilzeit nichts im Wege.