Sie haben es vermutlich schon gelesen: Ab 1.3.2017 tritt die Reform des Kinderbetreuungsgeldes in Kraft. Neben einer variablen Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes mittels eines „Kinderbetreuungsgeldkontos“ wurde auch das Papamonat, die sogenannte „Familienzeit“, beschlossen. Für Väter wird damit die grundsätzliche Möglichkeit einer Freistellung nach der Geburt des Kindes geschaffen, die ein weiterer Schritt in Richtung Väterbeteiligung sein soll. Was dies für Unternehmen bedeutet und welche Überlegungen Sie dahingehend anstellen sollten, das haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Familienzeit – die Rahmenbedingungen
- Die „Familienzeit“ kann wahlweise 28, 29, 30 oder 31 Tage dauern und innerhalb der ersten 91 Tage nach der Geburt in Anspruch genommen werden (für Kinder, die nach dem 1.3.2017 zur Welt kommen).
- Voraussetzung ist, dass der Vater mit dem Kind in einem Haushalt lebt (gilt für leibliche Kinder, sowie für Adoptiv- und Pflegekinder)
- Erster Tag der möglichen Inanspruchnahme ist der Tag der Geburt bzw. bei Adoptiv- oder Pflegekindern jener Tag, an dem das Kind in Pflege genommen wird.
- Voraussetzung ist die Zustimmung des Arbeitgebers, es besteht kein Rechtsanspruch.
- Für die Dauer der Inanspruchnahme besteht kein gesonderter Kündigungsschutz, es ist aber wohl ein Motivkündigungsschutz abzuleiten. (siehe dazu unten)
- Während der Inanspruchnahme sind die Väter teilversichert (pensions- und krankenversichert), erhalten aber kein Entgelt vom Arbeitgeber, sondern EUR 22,60 pro Tag aus dem Kinderbetreuungsgeld-Topf (in Summe etwa EUR700,–). Eine entsprechende Meldung muss bei der Sozialversicherung bis 91 Tage nach Geburt erfolgen (auch rückwirkend möglich).
- Ab Februar ist auf der Homepage des BMFJ das bundeseinheitliche Antragsformular verfügbar, das für alle Meldungen über die Inanspruchnahme einer Familienzeit zu verwenden ist.
Überlegungen für Unternehmen
Aus heutiger Sicht ist nicht abzusehen, wie stark die Familienzeit ab März 2017 in Anspruch genommen werden wird. Aber die Tatsache, dass Teilversicherung besteht und zumindest 700 Euro an finanzieller Stützung geschaffen wurden, machen das Modell attraktiver als bisherige Varianten, bei denen Mitarbeiter sich selbst versichern mussten und keinerlei „Entgelt“ erhalten haben.
Kritikpunkt von Arbeitnehmerseite war und ist, dass es weder einen Rechtsanspruch auf noch einen besonderen Kündigungsschutz während der Familienzeit gibt.
Genau vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen aber trotzdem einige wesentliche Überlegungen anstellen:
1.) Grundsätzliche Haltung definieren
Auch wenn kein Rechtsanspruch besteht, so kann aus Gründen der Gleichbehandlung nicht ohne sachliche Rechtfertigung bei unterschiedlichen Personen im gleichen Arbeitsumfeld unterschiedlich agiert werden. Konkret sollte es vermieden werden, die Zustimmung zur Familienzeit willkürlich zu machen.
Das Unternehmen sollte daher eine entsprechende Haltung definieren und diese den Führungskräften und Mitarbeitern auch kommunizieren.
2.) Kein besonderer Kündigungsschutz, aber Motivkündigungsschutz und Gleichbehandlung
Zwar besteht kein eigener Kündigungsschutz, es widerspricht aber EU-Recht und dem nationalen Gleichbehandlungsgesetz, Mitarbeiter aus einem verpönten Motiv heraus zu kündigen. Konkret könnte eine Kündigung aufgrund der (geplanten) Inanspruchnahme der Familienzeit als „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat“, gewertet werden. Der Arbeitgeber kann die Kündigung zwar ohne Begründung und ohne vorherige Zustimmung des Gerichts aussprechen. Allerdings bestehen neben dem allgemeinen Kündigungsschutz Klagerechte nachdem GlBG: Der vermeintliche Beendigungsgrund – der Wunsch oder die Inanspruchnahme des Papamonats – muss nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden. Kann der Arbeitgeber nicht beweisen, dass für die Beendigung ein anderes Motiv ausschlaggebend war, hat der Arbeitnehmer möglicherweise Anspruch auf Wiederbeschäftigung oder Schadensatz.
Auch dürfen aus der Inanspruchnahme keine Nachteile, etwa Schlechterstellungen, erwachsen. Sogar Verbesserungen, auf die die Dienstnehmer während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten, müssen vollzogen werden.
3.) Meldeprozedere und Frist definieren
Da es sich beim Familienzeitbonusgesetz (FamZeitbG) um ein sozialversicherungsrechtliches Gesetz handelt, das nicht Einzug in das allgemeine Arbeitsrecht gefunden hat, gibt es keinerlei Angaben darüber, wann die geplante Inanspruchnahme dem Arbeitgeber zu melden ist.
Dementsprechend wichtig ist es, interne Regeln zu definieren, die festhalten, wann eine Inanspruchnahme spätestens dem Arbeitgeber zu melden ist und wie der Genehmigungsprozess bzw. das Meldeprozedere erfolgen soll. Gegebenenfalls kann das Unternehmen dafür ein eigenes Formular zur Verfügung stellen.
4.) Anrechnung auf Dienstzeiten regeln
Unklar ist die Anrechnung auf von der Dienstzugehörigkeit abhängige Ansprüche. Auch hier sollte das Unternehmen festlegen, wie es damit umgehen will, es sei denn der Kollektivvertrag sieht bereits Regelungen für die Inanspruchnahme eines Papamonats vor.
Abschließender Kommentar
Die Familienzeit ist Ausdruck des politischen Willens, eine gleichere Verteilung der Arbeitslasten der Familienarbeit zu erreichen. Untersuchungen zeigen, dass eine frühe Väterbeteiligung auch eher dazu führen, dass Väter später engagierter an der Familienarbeit teilnehmen.
Auch wenn die Väterbeteiligung vielerorts aufgrund des damit verbundenen organisatorischen Aufwandes in Unternehmen kritisch gesehen wird, so kann nur über eine fairere Verteilung der Familienarbeit echte Gleichstellung erreicht werden. 47% der Frauen in Österreich arbeiten in Teilzeit; die entsprechenden Unterschiede in der Bezahlung sind bekannt. Gerade Länder, die traditionell eine fairere Verteilung haben, zeigen die positiven Auswirkungen auf die gleiche Bezahlung, aber auch weniger Übervorteilung von Männern am Arbeitsmarkt und generell höhere Frauenerwerbsquoten.
Für verantwortungsvolle Arbeitgeber ist es also ein Gebot der Stunde, für eine bessere Verteilung einzustehen und damit ihren Beitrag zu höherer Geschlechtergerechtigkeit, aber auch einem auf lange Sicht funktionierenden Pensionssystem zu leisten.