8.10.2013 – Wieder einmal ist Equal Pay Day. Wir haben bereits letztes Jahr darauf hingewiesen. Dennoch erscheint es uns wert, das Thema erneut aufzugreifen.
Ab heute verdienen Frauen statistisch bis Ende des Jahres nichts mehr, während Männer weiter verdienen.Oder anders gesagt, ab jetzt arbeiten Frauen gratis. Etwa 22,5% weniger verdienen Frauen im Schnitt in Österreich, so die Statistik. Dass das Einkommen von Frauen im Vergleich zu den Männern im Argen liegt, steht außer Frage. Dennoch gibt es auch zahlreiche strukturelle und systematische Defizite, die das Thema der „gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit“ betreffen, die nichts mit mangelnder Einkommenstransparenz oder bösen ArbeitgeberInnen, die Frauen willentlich schlechter zahlen, zu tun haben.
Seit letztem Jahr gibt es die Regelung, dass große Unternehmen einen Einkommensbericht erstellen müsssen, sowie alle Unternehmen ihre Gehälter, zumindest die Grundgehältern, in Inseraten offen legen müssen. Vielfach ist der Ruf laut geworden, dass die Auszeichnung in Inseraten nichts bringe, da man sich hier meist nur auf den Kollektivvertrag beziehe und dieser sei ohnehin fix. Nun, tatsächlich macht eine solche Darstellung für niemanden Sinn. Aber ein wenig hat sich verbessert. Lag der Unterschied im Einkommen vor einem Jahr noch bei etwa 25%, so ist dieser zuletzt zurückgegangen. Dennoch: Es liegt nicht nur daran, dass ArbeitgeberInnen Frauen willentlich schlechter bezahlen!
Der Einkommenverlust ist nicht mehr aufzuholen
Kinderbetreuung liegt noch immer mehrheitlich bei Frauen, auch wenn die Männerbeteiligung hier laufend steigt. Hier ein kleines Beispiel, wie Einkommenunterschiede zustande kommen, ohne dass jemand etwas willentlich falsch gemacht hat:
Bleibt eine Frau für zwei Kinder insgesamt fünf Jahre zu Hause, dann fehlen ihr fünf Jahre in der Gehaltsentwicklung, während ihre männlichen Kollegen ihre Gage kontinuierlich steigern können. Und das in einer Zeit, in der sich das Gehalt in der Regel am stärksten entwickelt. Im Schnitt bekommen Frauen in Österreich mit etwas über 28 Jahren das erste Kind. Das ist auch die Zeit in der sich gehaltlich in der Regel einiges tut. Man(n) hat einige Jahre Berufserfahrung gesammelt und die ersten Sprünge warten. Nicht so für unsere karenzierten Damen.
In unserem kleinen Rechenbeispiel verdienen beide 2000 EUR. Während er zwei Mal einen Gehaltssprung von 10% macht, erhält sie nur die (hier vereinfacht immer gleiche) Wertanpassung von 2% jährlich. Zusätzlich macht er einen Stufensprung in eine höhere KV Stufe. Der Unterschied ist hier mit fiktiven 25 Euro angenommen. In Summe verdient er nach fünf Jahren um 492,33 Euro mehr als sie, wenn sie nach 5 Jahren wieder einsteigt. Und hier ist er, der Einkommensunterschied von 22,3%!
Karenzzeiten anrechnen?
Die Lösung wäre, in Karenzzeiten fiktive bzw. durchschnittliche außerordentliche Sprünge mitzurechnen und außerdem KV Sprünge mitzumachen. Nur kaum ein Unternehmen tut dies, zumal es ja auch keine Verpflichtung dazu gibt. Allerdings gibt es einige Initiativen, die versuchen, dies zu einem Gesetz zu machen. Gegen rauhen Wind, der aus der Wirtschaft kommt.
Daher steigen Frauen mit einem um Jahre niedrigeren Gehalt wieder ein, währenddessen durcharbeitende Kollegen sich gehaltlich entwickelt haben. Ein Rückstand von – wie in unserem Beispiel – fünf Jahren ist auf die Lebensverdienstsumme kaum aufzuholen, außer die große Karriere kommt zu einem späteren Zeitpunkt. Wäre da nicht das Problem der Kinderbetreuung und damit einhergehend der Teilzeitarbeit.
Teilzeitjobs sind oft weniger wertige Jobs
Entgegen dem Vorgehen unserer (bisherigen) Frauenministerin möchte ich im Thema Teilzeit keinesfalls schwarz malen. Es gibt zahlreiche Frauen (wie Männer), die sich auch bewusst für eine Teilzeitposition entscheiden, da sie ihre Lebensprioritäten mit Kindern anders setzen (siehe unser Artikel „Ich arbeite jetzt mal weniger – alternative Gründe für Teilzeit„). Was aber so oder so meist der Fall ist, ist eine niedrigere Wertigkeit von Teilzeitpositionen. Das heißt, dass Teilzeitbeschäftigte weniger häufig außerordentliche Gehaltsanpassungen bekommen, da sie oft einen „Systemerhalter-Job“ machen. Und so vergrößert sich die Lücke zusätzlich.
Unternehmen haben es vielerorts noch nicht geschafft wertige Teilzeitpositionen zu schaffen bzw. Arbeitsprozesse so auszurichten, dass sie in Teilzeit gut erledigbar sind. Headcounts und Budgets rechnen nach wie vor in Vollzeitköpfen und Vollzeitäquivalenten, sodass Alternativen schon von Haus aus nicht bedacht werden.
Eine Fortsetzung in der Führung ist schwierig
Vor allem Führungskräfte haben es nach der Karenz schwer, wieder in eine solche Position zu kommen. Das Wort „Teilzeitführungskraft“ steht in den meisten Organisationen auf der schwarzen Liste. So bleibt nach der Rückkehr nur der Wechsel in die Fachkarriere, was wiederum mit Einkommenverlust einhergeht. Das erkärt auch zum Teil den unterschiedlichen Anteil an Frauen und Männern in Führungspositionen.
Die angeheizte Diskussion um die Einkommenstransparenz und wie man sie um alles in der Welt erreichen könnte, ist also nicht der Wahrheit letzter Schluss. Vielmehr geht es darum die systemimanenten Problemstellungen zu lösen und einerseits ein Werteverständnis für die Arbeit in der Kinderbetreuung sowie andererseits ein neues Werteverständnis von Teilzeitarbeit zu entwickeln. Ein Teil der Aufgabe kommt sicherlich der Politik und Gesetzgebung (Verpflichtung, Stufensprünge fiktiv mitzurechnen; mehr Möglichkeiten der Kinderbetreuung, …) zu, der andere obliegt den Unternehmen, wenn es um ein zeitgemäßes Denken geht (Wie wertvoll ist Teilzeitarbeit und was ist in dieser Form alles erledigbar). In beiden Richtungen gibt es also noch eine Menge zu tun, damit der Equal Pay Day irgendwann der letzte eines Jahres sein kann.