Vergangene Woche machten zwei der ganz Großen der IT Szene Schlagzeilen mit einem genauso ungewöhnlichen wie absurden Vorschlag: Facebook und Apple würden ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen im Wert von rund EUR 20.000,- bezahlen, damit die Damen „in Ruhe Karriere machen“ könnten. Nicht etwa Bemühungen für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurden angesprochen, sondern das „Verschieben“ der Familienplanung als Lösung der Karenzprobleme. Ein Vorschlag, der nur Kopfschütteln auslösen kann.
- Kurz gedacht statt umfassend nachhaltig
- 1.) Es geht nicht um die Wahlfreiheit von Frauen, sondern um Profitinteressen
- 2.) Die Verantwortung von Vätern wird ignoriert oder: Frauen werdet zu Männern!
- 3.) Nachhaltige Zukunftssicherung - Fehlanzeige!
- 4.) Mit schlechtem Beispiel voran
- Fazit
- Noch eine Empfehlung
Kurz gedacht statt umfassend nachhaltig
Möglich, dass sich der Eine oder die Andere im Stillen denken mag, dass das Einfrieren der Eizellen eine Lösung für die gängigen Personalprobleme sein mag, seien die zu überbrückenden Auszeiten aufgrund von Schwangerschaften oder aber der Versuch, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. Doch diese Idee ist weder besonders weit gedacht, noch tatsächlich nachhaltig, denn der Ansatz hat nicht nur für das Unternehmen Auswirkungen, sondern auch für die Gesellschaft. Er transportiert ein Bild von Familie, das zumindest ich nicht haben möchte und verursacht Folgen, die uns vielleicht gar nicht so klar sind:
1.) Es geht nicht um die Wahlfreiheit von Frauen, sondern um Profitinteressen
Bei dem Vorschlag des Einfrierens von Eizellen wird argumentiert, dass Frauen damit mehr Wahfreiheit hätten. Er suggeriert uns also: die Kinder sind das Problem! Frauen können also nur Karriere machen, wenn sie die Kinder loswerden oder eben nach hinten verschieben. Dass wir familienfreundliche Unternehmenskulturen benötigen, in denen Auszeiten aufgrund von Kindererziehung professionell gemanagt werden, wird damit negiert.
2.) Die Verantwortung von Vätern wird ignoriert oder: Frauen werdet zu Männern!
Außerdem suggeriert uns der Vorschlag, dass Männer dieses Problem nicht haben. Denn diese können ja nicht ausfallen. Der Wunsch von Vätern, sich aktiv an der Kindererziehung zu beteiligen und mehr Verantwortung zu übernehmen, um so Frauen mehr Möglichkeiten für Karriere zu ermöglichen, wird einfach ignoriert. Das Problem haben im Facebook/Apple-Modell nur die Frauen. Überspitzt formuliert: Frauen müssen einfach wie Männer werden. Dann können sie auch Karriere machen.
3.) Nachhaltige Zukunftssicherung – Fehlanzeige!
Nehmen wir mal an, dass das Verschieben der Familienzeit zum Standard würde. Was würde das für eine Gesellschaft bedeuten? Richtig – die Probleme der Überalterung würden zunehmen, weil die Menschen länger kinerlos wären. Damit einhergehend die Probleme der Sicherung von Pensionen oder aber auch ganz einfach die Frage: Gibt es dann noch ausreichend Kunden für die Produkte der Unternehmen? Dass gerade Unternehmen wie Facebook und Apple diesen Aspekt unbedacht lassen, ist eigentlich schockierend.
4.) Mit schlechtem Beispiel voran
Das Beispiel, das diese beiden Unternehmen hier abgeben, ist schlicht abschreckend. Verantwortungsvolle Unternehmen sollten sich viel mehr Gedanken darüber machen, wie sie Mitarbeiter_innen mit Betreuungsverpflichtungen unterstützen können, wie sie die Gleichverteilung von Einkommen zwischen Männern und Frauen fördern können, wie sie Frauen höhere Stundenausmaße ermöglichen können, wie Männer mehr Möglichkeiten der Beteiligung erhalten, wie sie Führung auch in Teilzeit ermöglichen können, und und und.
Fazit
Mein Fazit fällt wenig überraschend aus: Wenn solche Ideen Schule machen, dann können wir die Bemühungen der Frauenbewegungen und Familienerrungenschaften der letzten Jahrzehnte zu Grabe tragen. Wenn wir es zulassen, dass uns die Wirtschaft die Familienplanung zu diktieren versucht, dann haben wir als Gesellschaft die letzte unantastbare Bastion dem Kapitalismus geopfert.
Noch eine Empfehlung
Ach ja, falls Sie als Unternehmer_in oder Personalverantwortliche_r Anregungen suchen, wie Sie ein familienfreundliches Unternehmensumfeld sinnvoll gestalten können, dann empfehle ich einen Blick in unser neues Buch „Familienfreundlichkeit im Betrieb„, das im November diesen Jahres im MANZ Verlag erscheint!