Es ist schon etwas riskant, als Mann über Frauenförderung zu schreiben. Ich möchte trotzdem diesen Schritt machen. Am 8. März 2015 steht wieder der Weltfrauentag ins Haus. Diese Tag ist traditionell Grund genug für Politik und Wirtschaft, eine verstärkte Förderung von Frauen in Top-Positionen zu fordern und gleichzeitig über die bevorstehende verpflichtende Frauenquoten zu lamentieren. Und sieht man sich die Zahlen an, denn geht die Förderung eher schleppend vor sich. Daher hier 3 Thesen, was bei der Frauenförderung von Grund auf neu gedacht werden sollte.
1. These: Karrieremodelle neu denken statt nur Quotenerfüllung
Es wird viel diskutiert über verpflichtende Frauenquoten. In Deutschlands Aufsichtsräten wird diese ab 2016 realisiert. In Österreich meidet man naturgemäß das Thema. Bringt die Quote also was? Nun ja, meist braucht es etwas Druck, damit sich was bewegt. (Hätten wir keine Elternteilzeit, würden Jungeltern vermutlich noch immer um ihre Jobs zittern.)
Aber eine (verpflichtende) Frauenquote ist wirkungslos, wenn nicht die vorherrschenden Karrieremodelle ebenfalls hinterfragt werdne. Anders formuliert: Stülpt man eine Frauenquote über bestehende, männlich geprägte Karrieremodelle, dann bekommt man das, was ohnehin schon heute in vielen Unternehmen vorzufinden ist: Es machen jene Frauen Karriere, die das männliche Karrieremodell imitieren. Sprich: jene Frauen, die auf Kinder verzichten, viel arbeiten und in ihrem Gehabe wie Männer agieren.
Wer Frauenförderung wirksam machen will, der/die muss die im Unternehmen herrschenden Karrieremodelle systematisch hinterfragen! Fragen dazu können sein:
- Wer macht bei uns Karriere?
- Was sind die (unausgesprochenen) Kriterien dafür?
- Wie hindert das vorherrschende Karriereverständnis Frauen daran, sich zu bewerben? (Man erkennt leicht, das es ein solches Hindernis gibt, wenn man von (männlichen) Managern gesagt bekommt „Wir wollen ja eh, aber es bewerben sich ja keine Frauen“)
- Wie hinderlich / förderlich sind Kinder für Karrieren von Frauen und Männern?
2. These: Austausch statt Leidensgemeinschaften
Um Karrieremodelle zu hinterfragen, bedarf es zudem einen intensiven Austausch und eine Beschäftigung mit den Einstellungen und Bedürfnissen der unterschiedlichen Geschlechter. Häufig gemachter Fehler in diesem Zusammenhang ist das Gründen von „Leidensgemeinschaften“. Als diese bezeichne ich – zugegeben etwas überspitzt – sogenannte gut gemeinte Frauennetzwerke. Diese sind in vielen Unternehmen zu finden und ich möchte diese keineswegs verteufeln! Aber leider werden sie auch allzu oft gegründet, damit das Management eine Ausrede hat, „man habe ja eh was für die Frauen getan“.
Diese Netzwerke, die meist ausschließlich weiblich besetzt sind, werden zwar gefördert und bekommen Weiterbildungen und Möglichkeiten, sich auszutauschen, und trotzdem verändert sich nichts. Die Netzwerkmitglieder bleiben unter sich, haben wenig Austausch mit den männlichen Kollegen und mutieren nicht selten zu verbissenen Leidensgemeinschaften, die mit viel Vehemenz versuchen, ihre Anliegen durchzusetzen und damit den (männlichen) Vorstand zunehmend in die Flucht treiben.
Nur, damit ich hier nicht falsch verstanden werde: Das ist nicht die Schuld der Frauen! Diversity Maßnahmen leben aber von der Auseinandersetzung. Es braucht Durchlässigkeit. Nur im Austausch mit den Kollegen können blinde Flecken erkannt werden und bestehende Mechanismen, gläserne Decken, usw. hinterfragt werden. Frauen(förder)netzwerke sollen also immer auch Männer miteinbeziehen.
3. These: Echte Frauenförderung braucht echte Männerförderung
Und zuletzt möchte ich noch eine These aufstellen, die im ersten Moment vielleicht für Verwirrung sorgt: Wer wirklich Frauen fördern will, der sollte Männer fördern. Und zwar in der Übernahme von familiärer Verantwortung im Alltag, im Genehmigen familienbedingter Auszeiten und Arbeitszeitreduktionen und der Wahrnahmung einer aktiven Vaterschaft.
Denn es bringt reichlich wenig, Maßnahmen, mit denen man Frauen an Männerkarrieren anpassen kann – etwa die 24/7 Betriebskinderaufbewahrungsstätte – zu verstärken und damit die Belastung noch zu erhöhen. Sondern was Frauen wirklich hilft, sind gleiche Voraussetzungen – vor allem die Elternschaft betreffend. Beispielsweise zeigen Daten aus Ländern, die von jeher eine (gesetzlich) gleichere Verteilung der Familienlast haben (etwa Island), dass die Einkommensschere deutlich geringer ist und es zu wesentlich weniger Übervorteilung von Männern am Arbeitsmarkt kommt. Wer also Frauen wirklich helfen will, animiert Männer zur und unterstützt sie bei der Familienarbeit. Erst wenn dieser Schritt in der Wirtschaft breit gesetzt wurde, besteht echte Chancengleichheit für alle.
Soweit mein Beitrag zum Weltfrauentag 2015. Ich freue mich auf regen Meinungsaustausch.
Kann ich alles gut nachvollziehen, leider stehen wir Frauen uns manchmal selber im Weg.
Die kleinen Schritte werden wenig bis gar nicht wahrgenommen und die grossen sind zu gross . Oder wie die Feministinnen einmal feststellten. Die wahre Gleichberechtigung ist erst dann erreicht, wenn die Männer die Kinder kriegen.