Die Bildungskarenz ist bereits seit einigen Jahren eine attraktive Möglichkeit, zum Zwecke der Weiterbildung für einige Zeit aus dem Betrieb auszusteigen und dabei das Weiterbildungsgeld des AMS zu bekommen. Ab Juli steht Österreichs ArbeitnehmerInnen und Unternehmen noch eine neue Variante zur Verfügung: Die Bildungsteilzeit. Diese Regelung wurde am 29.1. im Minsterrat beschlossen und wird ab 1.7.2013 zum Einsatz kommen. Hier eine Zusammenfassung der Neuerungen:
Bildungsteilzeit – zwischen Vollzeitjob und Karenz
Bereits seit einigen Monaten ist sie Thema – die Bildungsteilzeit. Ab 1.7. kommt sie nun. Bis jetzt hatten ArbeitnehmerInnen nur die Möglichkeit der Bildungskarenz, also einer Freistellung gegen Entfall des Entgelt, die freiwillig zu vereinbaren war. In der Krise zwischen 2008 und 2009 erlebt das bis dahin eher mau angenommene Modell einen wahren Höhenflug. Über 8000 Personen nehmen dieses laufend in Anspruch. Mehrheitlich allerdings Frauen und ohnehin bereits Höhergebildete bzw. Höherverdiener.
Die Bildungsteilzeit soll jetzt vor allem wenig Ausgebildete und/oder Geringverdiener ansprechen, für die die Bildungskarenz nicht in Frage kommt. Konkret heißt das, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Herabsetzung der Normalarbeitszeit um mindestens 25% und maximal 50% vereinbaren können, die dann für Bildungszwecke genutzt wird. Minimal 10 Stunden muss aber gearbeitet werden. Der Arbeitnehmer erhält dafür ein Teilzeit-Weiterbildungsgeld in der Höhe von max. EUR 456,– bei Halbierung oder max. EUR 228,– bei einer Verkürzung um ein Viertel. Damit soll es auch Geringverdienern möglich gemacht werden, dieses Modell in Anspruch zu nehmen. Die Dauer ist frei zu wählen und beträgt zumindest vier Monate und maximal zwei Jahre.
Studenten müssen künftig leisten
Anders als bis dato müssen bei Inanspruchnahme von Bildungsteilzeit, aber auch bei Bildungskarenz, in Zusammenhang mit der Absolvierung eines Studiums aber Leistungsnachweise erbracht werden, damit der Anspruch auf Weiterbildungsgeld erhalten bleibt. Bei der Bildungsteilziet müssen 4 ECTS-Punkte, das entspricht 2 Semesterwochenstunden und bei der Bildungskarenz 8 ECTS-Punkte, das entspricht 4 Semesterwochenstunden nachgewiesen werden. Damit soll verhindert werden, was sich in jüngster Zeit eingeschlichen hat – die Nutzung der Bildungskarenz für eine Auszeit bzw. das Fehlen von Studienfortschritten.
Fachkräftestipendium gegen den Mangel
Neu ist auch das sogenannte Fachkräftestipendium. Dieses Stipendium wird seitens des AMS für gewisse Berufsausbildungen gewährt, die dringend benötigt werden. Welche das sind, legt eine Richtlinie jeweils fest. Es muss beim AMS beantragt werden, die Bezieher erhalten dann EUR 795,– für die Dauer der Ausbildung bis maximal drei Jahre. Damit sollen Geringverdiener, aber auch Menschen ohne Job die Möglichkeit bekommen, sich ausbilden zu lassen und danach auch einen Job zu finden.
Positives und Kritisches zu den neuen Lösungen
Positiv wurde im Nachklang zum Beschluss dieser neuen Lösungen genannt, dass die Bildungsteilzeit keinerlei Altersbeschränkung unterliegt. Damit wird es auch Menschen, die schon nahe der Pension sind, wieder attraktiv gemacht, sich trotzdem noch weiterzubilden. Auch dass nun eine Alternative besteht zum „Totalausstieg“, den man sich leisten können muss, sowie die Möglichkeit der Nutzung für eine Studium neben dem Beruf, was mit massiven Belastungen verbunden ist, fällt bei der neuen Bildungsteilzeit positiv auf.
Kritisch gesehen wird seitens der Industrie die Minimalnutzungsdauer der Bildungsteilzeit von vier Monaten. Auch kürzere Vereinbarungen sollten möglich sein, meint man in den Industriellenvereinigung. Aber auch das Risiko, dass Mitarbeiter – besonders Gruppen wie zB ältere Mitarbeiter – für betrieblich nötige Weiterbildungen in eine Bildungsteilzeit auf Kosten des Steuerzahlers gedrängt werden könnten, wird von Interessensvertretungen besonders betont und bleibt abzuwarten.
Kurz zusammengefasst
Die wichtigsten Unterschiede der Modelle inkl. Sabbatical hier nochmals im Überblick:
Bildungskarenz | Bildungsteilzeit | Sabbatical | |
Dauer | min. 2 Monatemax. ein Jahr | min. 4 Monatemax. 2 JahreVerkürzung der Normalarbeitszeit um min. 25% und maximal 50% | frei zu vereinbaren, einige KVs sehen Regelungen vor |
Anspruch | keiner – Vereinbarung | keiner – Vereinbarung | keiner – Vereinbarung |
Entgelt | Entfall des EntgeltsAnspruch auf Weiterbildungsgeld in Höhe des fiktiven Arbeitslosengeldes | Entfall eines Teils des EntgeltsAnspruch auf Teilzeit-Weiterbildungsgeld in Höhe von EUR 228 bis EUR 456 | Je nach Variante Entfall eines Teil des Entgelts oder des vollen Entgelts oder Ansparen von Überstunden |
Kündigungsschutz | keinernur Motivkündigungs-schutz (also wegen der Bildungskarenz darf nicht gekündigt werden) | keinernur Motivkündigungs-schutz (also wegen der Bildungsteilzeit darf nicht gekündigt werden) | keiner |
Voraussetzungen | 20 Wochenstunden (16 Wochenstunden bei betreuungs-pflichtigen Kindern bis 7. Lebensjahr)bei Studium: 4 ECTS Punkte je Semestergrundsätzlich künftig zumindest eine geringfügige Beschäftigung
Dienstverhältnis bereits mind. 6 Monate | bei Studium: 2 ECTS Punkte je SemesterDienstverhältnis bereits mind. 6 Monate | keine |
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