Traineeprogramme gehören zum Standardprogramm großer Unternehmen. In fast allen großen Unternehmen gibt es sie, auf Karreriemessen werden sie massiv beworben, unter Absolventen gelten sie als Karriere-Turbo. Allerdings richten sich diese Programme meist an junge, aufstrebende Uni-AbsolventInnen. Das Problem ist nur: von diesen gibt es zu wenige. Dabei ist der Bewerber-Markt doch groß genug. Man muss nur seinen Suchradius erweitern. Zum Beispiel auf neue MitarbeiterInnen im besten Alter oder WiedereinsteigerInnen.
Schluss mit dem Jugendwahn
Im Kampf um die besten Köpfe der Jungen scheinen Firmen bereit zu sein, fast alles zu tun. Schon Lehrlinge werden mit Traumgehältern, Zusatzausbildung und Notebooks gelockt, Studienabsolventen wird das Blaue vom Himmel versprochen. Und doch folgt oft der rasche Absturz, wenn das gloriöse Traineeprogramm in der knallharten Arbeitsrealität sein Ende findet. Nicht wenige Unternehmen beklagen die Drop-out-Rate unter den Traineeprogramm-Absolventen.
Angesichts der demografischen Entwicklung braucht es scheinbar neue Wege, um den eigenen Bedarf an geeigneten Mitarbeitern zu sättigen. Erste Unternehmen machen hier die ersten vorsichtigen Vorstösse und adressieren bewusst Zielgruppen, die bislang wenig adressiert wurden und die immer noch in den Arbeitslosenstatistiken hinten an stehen: Mitarbeiter im besten Alter, WiedereinsteigerInnen, Spätberufene.
Das „Senior Traineeprogramm“ als Zukunftsinstrument
Eine Antwort auf die oben beschriebenen Entwicklungen ist die gezielte Ansprache dieser neuen Zielgruppen. In Zeiten, in denen Menschen mobiler werden, und auch eher bereit sind, sich auch in der Lebensmitte nochmals dafür entscheiden, etwas ganz anderes zu tun, ergibt sich hier ein unheimlich großes Potenzial an möglichen Mitarbeitern.
Ein Einstiegsprogramm für Mitarbeiter, die nicht dem Ideal der aufstrebenden Hochschulabsolventen entsprechen, ist leichter gestaltbar als gedacht. Gemacht hat dies beispielweise das Deutsche Chemieunternehmen Lanxess. In seinem eigens ausgeschriebenen Senior Traineeprogramm spricht das Unternehmen gezielt WiedereinsteigerInnen an, Menschen die mehrere Jahre nicht im Job waren.Geboten werden eine 18-monatige Ausbildung, die ganz dem Stil üblicher Traineeprogramme ähneln. Seminare, Kurse, On-th-job-Abgebote, begleitet von Mentoren aus dem Haus. Nach Absolvierung ist der Einsatz in einem vorher definierten Bereich sicher.
Natürlich richtet sich auch dieses Programm an Kandidaten mit einem entsprechenden Studienabschluss und dennoch eröffnen sich über die Ausweitung auf WiedereinsteigerInnen für das Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten. 200 Bewerbungen hat man für die 14 Stellen erhalten. 13 Frauen und ein Mann wurden eingestellt, ist zu hören.
Auch in anderen Branchen, etwa dem Handel, der Finanzbranche oder weiteren kundennahen Bereichen wäre ein Traineeprogramm für 45+ oder für Wiedereinsteiger ein Leichtes! Diese Betriebe sind üblicherweise Experten in der Ausbildung neuer Mitarbeiter. Es genügt, den Fokus etwas zu verändern, neue Lernmethoden zuzulassen und schon kann es losgehen.
Neue Zielgruppen ansprechen als Teil nachhaltigen Personalmanagements
Im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements, das sich gezielt mit den Zukunftsthemen im Bereich der Humanen Ressourcen beschäftigt, ist besonders das Adressieren von WiedereinsteigerInnen, aber auch Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund oder der „älteren Semester“ ein zentraler Baustein zur Lösung der bevorstehenden Probleme. Aber auch im Thema des diskriminierungsfreien Recruitings und dem Erschließen neuer Märkte, haben Unternehmen, die sich gezielt neuen Bewerbergruppen zuwenden, Vorteile.
Kulturell muss natürlich im Haus auch gearbeitet werden. Maßnahmen wie das Senior Traineeprogramm brauchen entsprechende Unterstützung auf kommunikativer Ebene. Allen voran müssen Führungskräfte sensibilisiert, geschult und vor allem auf die Veränderungen eingeschworen werden. Nur so gelingt ein reibungsloser Ablauf.
Aber es zahlt sich aus, den Mut aufzubringen und neue Wege zu gehen. Noch sind derlei Aktivitäten in Österreich mehr als dünn gesäht. Unternehmen, die hier jetzt Maßnahmen setzen, sind auch langfristig im Vorteil!