Dass die Gesundheit der MitarbeiterInnen wichtig ist, das ist bereits in vielen Unternehmen erkannt worden. Und so bieten immer mehr Unternehmen hierzulande Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Was dabei aber auffällt ist, dass derlei Programme häufig den Stempel „50+“ ausgedrückt haben. Ob bewusst oder unbewusst. Aber angesichts steigender Pensionsantrittsalter und erhöhtem Leistungsdruck kann und muss betriebliches Gesundheitsmanagement bereits viel früher beginnen.
Altern ist ein Prozess
Die auch im Diversity Management immer wieder gerne behandelte Säule „Alter“ unterliegt einem vielfach gemachten Missverständnis. „Alter“ wird hier häufig so verstanden, dass nur die „alten“ MitarbeiterInnen gemeint sind, für die es gilt, spezielle Programme zu erarbeiten und anzubieten. Auch der Begriff des altersgerechten Arbeiten ist eigentlich fälschlich in Verwendung. Denn korrekterweise müsste es „alterNsgerechtes Arbeiten“ heißen.
Versteht man Alter(n) als das, was es ist, nämlich ein Prozess, dann wird rasch klar, dass Alter(n)smanagement alle MitarbeiterInnen umfassen muss und nicht nur einen kleinen Teil davon. Zum einen unterliegt man sonst schnell dem Trugschluss die „Alten“ wären per se weniger leistungsfähig und müssten deswegen gefördert werden. Zum anderen aber wäre es trügerisch zu denken, dass man erst mit 50+ beginnen müsse, etwas für die Gesundheit zu tun.
Wer lange hochtourig fährt, dem hilft keine einfache Inspektion mehr
Nachdem wir laufend länger arbeiten werden müssen, ist es also notwendig, bereits früher dafür zu sorgen, dass MitarbeiterInnen gesund bleiben. Denn wer mit dem Auto jahrelang hochtourig fährt, der kann beim 150.000-Kilometer-Service auch nicht erwarten, dass man dieses mit einer flotten Inspektion wieder fit bekommt.
Betriebliches Gesundheitsmanagement muss
1.) alle MitarbeiterInnen einschließen
2.) jeder Altersstufe verfügbar sein (und nicht nur einer bestimmten)
3.) individuell auf den/die Mitarbeiter/in abgestimmt sein
und 4.) ein Standard in der jährlichen Planung sein, wie etwa Schulungen auch.
Und es muss letztlich eine Strategie dafür geben, die Gesundheitsförderung loslöst von Einzelprojekten und -aktivitäten. Viele Unternehmen machen einmal eine Aktion (Impfen, Vorsorge, Wandertag, etc.) und bezeichnen dies als Gesundheitsförderung. Natürlich ist dies besser als nichts, aber zum einen sollte Gesundheitsförderung die individuellen Gegebenheiten der Person und des Arbeitsumfeldes möglichst gut berücksichtigen. Zum anderen wenn Altern ein Prozess ist, dann muss auch Gesundheitsförderung ein laufender Prozess sein. Im Zeichen der Vorbeugung und Vorsorge.
Vielfältige Möglichkeiten
Wie modernes betriebliches Gesundheitsmanagement aussehen kann, dafür gibt es zahlreiche Optionen und Möglichkeiten. Wesentlich ist eine gute Ist Analyse, die zum einen die arbeitsplatzbezogenen und arbeitsinhaltsbezogenen Faktoren mit einschließt sowie die personenbezogenen, subjektiven Bedürfnisse und Zustände.
Auf Basis dessen sollten Ziele abgeleitet werden, in die sich auch die MitarbeiterInnen einbringen können. Gesundheitsförderung kann für jeden etwas anderes bedeuten und nicht jeden Bewegungsmuffel wird man schaffen zu erreichen. Dennoch liefern gerade die Betroffenen den besten Anhaltspunkt dafür, was sinnvoll getan werden kann und soll. Auch die Schaffung eines Business Cases ist legitim und sinnvoll (Senkung der Krankenstandstage bringt Ersparnis von…, Produktivität steigt um…). Aber bitte nicht in typischen Kurzzeitperioden von einem Jahr! So bekommen sie keinen sinnvollen Business Case zusammen. Ein Business Case für Gesundheitsförderung muss langfristig angelegt sein.
Wesentlich ist – wie zumeist – die klare und gute Einbindung der Führungskräfte als Verantwortliche. Ein HR Team, das sich tolle Maßnahmen überlegt, ist zum Scheitern verurteilt, wenn sich die Führungskräfte nicht auch für die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer MitarbeiterInnen verantwortlich fühlen.
Die Stärkung der eigenen Gesundheitskompetenz beim Mitarbeiter ist ein weiterer wichtiger Baustein. Das Erkennen der eigenen Problemfelder, das Bewusstsein für die persönliche Verantwortung und das aktive Mitwirken der MitarbeiterInnen sind essentiell, um auch erfolgreich zu sein. Um das zu erreichen, kann Gesundheitsförderung zum Beispiel zu einem integrierten Bestandteil des Mitarbeitergesprächs gemacht werden. Das sichert, dass jährlich darüber gesprochen wird – natürlich ohne die Persönlichkeitsrechte zu verletzen – und sich Führungskräfte wie MitarbeiterInnen aktiv mit der Thematik beschäftigen.
Was die Angebote betrifft, so gibt es vielfältigste Möglichkeiten, was Unternehmen sinnvollerweise für ihre MitarbeiterInnen tun können. Hier eine kleine Auswahl häufiger Maßnahmen, die ich in Kundenunternehmen so vorgefunden habe. Wichtig ist dabei aber immer die Langfristigkeit.
- Gesundes Essen, gesunde Jause, Vitalsnacks, Obst am Arbeitsplatz
- Impfaktionen
- Vorsorgeuntersuchungen im Betrieb
- Rauchentwöhnungsprogramme
- Sportangebote, Turnen, Fitnessangebote, Sportveranstaltungen, Mannschaftssport im Betrieb
- Angebote im Bereich der Stärkung des Rückens und Bewegungsapparates (auch mit PC Unterstützung)
- Aktives Pausenmanagement – Aufforderung zur Einhaltung von Pausen
- Bildschirmpausen, Bildschirmbrille
- Regelmäßige arbeitsmedizinische Evaluierungen des Arbeitsplatzes (die auch ernst genommen werden)
- Ergonomische Möbel
- Physiotherapie-Beratung am Arbeitsplatz
- Massagen, Turneinheiten am Arbeitsplatz
- Mentale Fitnessprogramme
- Raumklima individuell anpassbar
- Flexible Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten, die einen Ausgelich ermöglichen
- Ersatzzeiten für Sport (Zeit für Sport wird auf Arbeitszeit angerechnet – ja das gibt es!)
- Kooperation mit einem Employee Assistance Programm, Beratung bei seelischen und privaten Problemen
Die Liste ließe sich noch beliebig verlängern. Meist liegt es nicht daran, nicht zu wissen, was man tun könne, sondern an einer mangelnden ganzheitlichen Sicht auf das Thema Gesundheitsförderung und einer Planung in kurzen Zeiträumen. Wie fast alle Nachhaltigkeitsthemen funtkioniert Gesundheitsförderung nur langfristig und ist von den Kosten her kurzfristig nicht zu argumentieren.
Nur für „die Alten“ etwas zu tun, greift aber zu kurz. Das Menschenbild, junge seinen per se leistungsbereit und -fähig, alte aber nicht, das spiegelt sich im Gesundheitsmanagement im Betrieb nur allzugut wider. Machen Sie es anders! Es zahlt sich aus!