Harald F. ist im Außendienst einer großen Versicherung. Er macht seinen Job gerne und hat auch entsprechende Erfolge vorzuweisen. Er ist der beste Verkäufer in seiner Region, äußest beliebt bei den Kunden für seine ehrliche aber auch hartnäckige Art und auch mit den Kollegen versteht er sich mehrheitlich gut. Man kann sagen, für den Außendienst ist er das beste Pferd im Stall. Eines Tages kommt es, dass sein Vorgesetzter, der Leiter des Außendienstes, zur Konkurrenz abwandert und Harald F. vom Vorstand die alles entscheidende Frage gestellt bekommt: Möchten Sie die Leitung der Abteilung übernehmen? Sie sind unser bester Mann. Harald F. überlegt hin und her. Einerseits fühlt er sich geschmeichelt, andererseits macht er seine Tätigkeit gerne und hätte an sich nicht an einen Jobwechsel gedacht. Nun ja, wenn einen der Vorstand schon fragt… schließlich willigt Harald F. ein. Ein halbes Jahr später herrscht helle Aufregung im Vorstand. Der neue Leiter des Außendienstes hat gekündigt und geht zur Konkurrenz in den Außendienst. Obwohl man ihm davon mehrfach abgeraten hat, geht der Kerl einfach so. Für Harald F. eine Erlösung. Nie hat er sich wirklich wohl gefühlt in seinem Leitungsposten. Die Koordination der Außendienstler und der damit zusammenhängende Papierkram waren alles andere als lustbringend. Die Außendienstmitarbeiter haben das auch bemerkt und das eine oder andere Mal ihren Unmut über F.’s chaotische Vorgangsweise gäußert. Harald F. hat auch darauf hingewiesen, wurde jedoch stets vertröstet. Schließlich blieb ihm nichts anderes, als zu kündigen.
Das in dieser Geschichte beschrieben Prinzip kann man bei genauem Hinsehen in zahlreichen Unternehmen entdecken. Es hat sogar einen Namen: Das Peter-Prinzip.
Bis zum höchsten Grad der eigenen Inkompetenz
Das Peter Prinzip bezeichnet einen Ablauf, der von Laurence J. Peter und Raymond Hull in Ihrem Buch „The Peter Principle“ (1969, New York) aufgezeigt wurde.
In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.
Konkret bedeutet das, dass Mitarbeiter, die eine Tätigkeit gut ausüben, meist jene sind, denen eine Beförderung winkt. Das ist mitunter das Prinzip einer klassischen Hierarchie. Allerdings führt das dazu, dass jeder gute Mitarbeiter so lange befördert wird, bis er an einer Hierarchiestufe ankommt, mit der er nicht mehr zurecht kommt und daher die höchste Stufe seiner Inkompetenz erreciht hat.
Im Klartext: Ein guter Außendienstler ist nicht zwangsläufig ein guter Außendienstleister. Ein guter Lehrer muss kein guter Direktor sein.
Oft sorgt gerade der administrative Aufwand in einer Leitungsfunktion für Frust. Die Leidenschaft, die in und für einen Job vorherrscht, geht dann oft verloren. Übrig bleibt das eigene Überfordertsein, gepaart mit Unlust und Demotivation.
Wir brauchen Fachkarrieren
Schuld an diesem Dilemma ist meist, dass es außer der klassischen hierarchischen Karriere keine anderen Modelle in Unternehmen gibt. Wer weiterkommen will, der muss also aufsteigen. Einige Unternehmen haben diese „Up-or-out-Politik“ sogar in ihren Unternehmensprinzipien festgelegt. Dazu kommt der gesellschaftliche Druck, dass ein hierarchischer Aufstieg etwas Gutes und Wichtiges sei. Dem Beförderten winkt Lob und Anerkennung seiner Umgebung. Ein Zurückstecken gibt es nicht.
Wer dieser Falle entgehen will, der benötigt Fachkarrieren. Nicht nur, um dem Peter-Prinzip zu entgehen, sondern vor allem auch um motivierte Mitarbeiter, die eine gute Tätigkeit machen, aber die nicht aufsteigen können, halten zu können. Die Möglichkeiten einer Fachkarriere sind also elementarer Bestandteil eines modernen Personalmanagements und treffen zudem auch noch die Anforderungen der jungen Generation.
Innerhalb der Digital Natives (=Generation Y) herrscht gegenüber den Vorgenerationen viel öfters die Einstellung vor, dass man nicht um jeden Preis aufsteigen müsse. Vor allem dann nicht, wenn damit eine massive Einschränkung des Privatlebens verbunden ist. Auch hier sind Fachkarrieren und Entwicklungsmöglichkeiten abseits des „Chef-Werdens“ mehr als gefragt.
Einige Beispiele
Hier einige Beispiele wie MitarbeiterInnen gefördert werden können, die nicht aufsteigen wollen, sollen oder können:
- Projektaufträge (die beispielsweise direkt von der Firmenleitung vergeben werden und auch vor dieser präsentiert werden)
- Traineeprogramme
- Einbindung in wichtige Entscheidungen, die an sich die Führungskräfte treffen
- Mentoring / Coaching – entweder durch die direkte Führungskraft oder durch ein Mitglied der Firmenleitung
- Fachlich vertiefende Ausbildung
- Ausbildung zur persönlichen Weiterentwicklung
- „A day with the CEO“ – tageweises Begleiten des Chefs / der Firmenleitung
- Rotation-Programme (Wechseln zwischen verschiedenen Bereichen)
- „Boss for a day“ – Einsatz von Mitarbeitern in einer temporären Führungsposition
Was vor allem Mitarbeiter bindet, ist die unmittelbare Führung und das persönliche Interesse der Führungskraft an der Entwicklung der Mitarbeiter. Unmittelbarkeit bindet und Klarheit schafft Vertrauen. Vor allem falsche Versprechungen hinsichtlich der Perspektiven sind meist ein unternehmerischer Schuss in den Ofen. Je klarer die Möglichkeiten auf dem Tisch liegen, desto besser orientiert sich der Mitarbeiter und desto weniger werden Enttäuschungen provoziert.
Allerdings benötigen Fachkarrieren ein starkes Involvement der Führungskräfte. Es ist immer leichter, jemanden mit Geld und einer Position auszustatten. Fachkarrieren bedeuten aber vor allem, sich mit dem Mitarbeiter zu beschäftigen und dessen Expertise zu stärken. Mentoringprogramme können dazu ein wunderbares Mittel sein, verlangen der Führungskraft aber viel Engagement ab.
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