Employer Branding beschäftigt fast alle Unternehmen. Und während laufend Karrierepläne, Incentives und Serviceangebote entwickelt werden, um die teuer eingekauften All-In-High-Potenials bei Laune zu halten, wäre es doch so einfach, attraktiv zu sein: Der entscheidende Jobfaktor der heutigen Zeit heißt Zeit. Warum 9 to 5 ein hochattraktives Modell ist, das viel Kopfzerbrechen ersparen würde. Ein Versuch, Sie wachzurütteln.
9 to 5 – eine wirklich attraktive Option
Eine Arbeit, die sich in „üblichen“ Arbeitszeiten ausgeht, ist für viele schon fast unvorstellbar. Und so kommt 9 to 5 beinahe einem Teilzeitangebot gleich. Stattdessen werden zahlreiche andere Nebenleistungen entworfen. Obowhl es so einfach wäre, als Arbeitgeber attraktiv zu sein: 9 to 5, 38,5 oder 40 Stunden, keine Verpflichtung zu Überstunden, im Voraus klarer Dienstplan, die Möglichkeit, auch mal anders zu arbeiten, wenn nötig und Überstunden, die am Ende des Monats einfach ausbezahlt werden. (Dann würde uns nämlich mal bewusst werden, wie teuer diese Option wirklich ist. Oder würden Sie freiwillig eine um 50 % überteuerte, dafür aber schon gebrauchte Ware kaufen?)
Alles Utopie? Ja stimmt, Österreich gehört ja zu den Überstunden-Spitzenreiter (Platz 2 der EU 28 im Jahr 2013). Es gehört sich also, Überstunden zu schieben.
Was aber, wenn wir unsere erlernten Karriere- und Berufsmodelle neu denken? Wenn wir beginnen, auch Teilzeit oder Vollzeit ohne Überstunden als wertig anzusehen? Dann ließen sich einige Probleme lösen!
Unsere heutige Arbeitswelt benötigt ein agiles Personalmanagement
Waren vielleicht vor dreißig oder vierzig Jahren Karrieren meist sehr linear und gut planbar, so sind sie es heute so gut wie gar nicht mehr. Zum einen, weil wir mit Arbeitnehmer_innen konfrontiert sind, die es keineswegs auf dauerhafte Beschäftigung in einem Unternehmen mit klassischer hierarchischer Karriere abgesehen haben. Zum anderen, weil sich unser Arbeitsleben immer mehr „in Wellen“ bewegt. Bildungsteilzeit, Sabbatical, Elternkarenz, Pflegekarenz – alle diese Auszeiten unterbrechen unser so gerne linear geglaubtes Arbeitsleben.
Das fordert Unternehmen immer stärker. Dabei ist die Lösung an sich naheliegend: In einer Arbeitswelt, in der die komplette Belegschaft permanent auf 120 % ihrer Leistungskapazität arbeitet, sind Ausfälle naturgemäß problematisch. Wer hat noch die Ressourcen, im Bedarfsfall Kapazitäten aufzustocken? Daher ein Gedankenexperiment: Stellen wir uns einen Betrieb vor, in dem die Beschäftigten zwischen 30 und 40 Stunden arbeiten. Mehr- bzw. Überstunden fallen nur dann an, wenn jemand ausfällt und temporär gepuffert werden muss. Und diese werden ausbezahlt. Wie viel zufriedener wäre die Belegschaft? Wie viel leichter wäre es, auf Schwankungen zu reagieren? Und wie viele Menschen könnten wir einstellen, wenn wir teure Zuschläge und All-in-Überzahlungen vermeiden?
Ein Ende dem All-in!
Wohin uns der Trend zu All-in-Verträgen führt, zeigt sich aktuell bei der Diskussion um die Ärztegehälter. Wenn es einer Berufsgruppe nicht mehr möglich ist, über einen regulären 40-Stunden-Job ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, sondern ein solches nur über zusätzliche Dienste, Nachtdienste und Überstunden zu erreichen ist, dann krankt es an elementaren Dingen.
Das Leistungspotenzial von Menschen ist begrenzt. In einer Welt, in der es nicht mehr weit her ist, dass wir alle bis 70 arbeiten werden müssen, ist es schlicht nicht denkbar, dies mit 45, 50, 55 oder mehr Stunden wöchentlich gesund so lange zu tun. Von bestimmten schwer arbeitenden Gruppen ganz zu Schweigen. Und doch pauschalieren wir menschliche Arbeitsleistung, um den Mehrkosten zu entgehen. Ein kurzsichtiges Vorgehen, wenn man etwas langfristiger denkt. Üblicherweise werden lediglich minderwertige Leistungen pauschaliert. Oder haben Sie bei einem Festmeter Holz schon mal auf den Kubikzentimeter nachgemessen? Doch wir pauschalieren menschliche Arbeitsleistung und damit Lebenszeit. Und wieviel motivierter wären Mitarbeiter_innen, im Anlassfall einige Stunden mehr zu arbeiten, wenn sie wüssten, dass sie damit zu ihrem sonst ausreichenden Gehalt, 125 % oder 150 % der darüber hinaus geleisteten Stunden als Zusatzeinkommen erzielen können?
Was, wenn niemand mehr Überstunden machen will?
Was zuletzt noch dafür spricht, abzukommen von der 120 %-Mentalität, ist die Tatsache, dass mit der Generation Z mehr und mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen, die die ihnen angetragene Entscheidung zwischen beruflicher Karriere oder Privatleben nicht mehr treffen wollen. Mehr als je zuvor fordert diese Generation eine klare Trennung der beiden Welten.
Dazu kommt, dass wir trotz all des Jammerns über ein Fehlen der jungen Arbeitskräfte eine laufende steigende Arbeitslosigkeit unter den über 50-jährigen haben. Irgendwie absurd und doch real. Auch für diese Gruppe werden wir attraktive und vor allem leistbare – von Mitarbeiter_innenseite her gedacht – Arbeitsmodelle finden müssen.
Und zuletzt sind die Perspektiven von Teilzeitkräften, was Führungspositionen anlangt, begrenzt. Es findet hier eine regelrechte – wenn auch meist nicht bewusste – Ausgrenzung statt, die dadurch zustande kommt, dass wir als Maßstab für eine Führungsposition die permanente und mindestens 50-Stunden-Verfügbarkeit ansetzen. Aber die Anzahl der Teilzeitkräfte steigt laufend (über 50 % Steigerung seit 2003). Befragungen zeigen immer öfter, dass Teilzeitkräfte vor allem deswegen vor Führungsaufgaben – soferne ihnen welche angetragen werden – zurückschrecken, weil sie ihrem Arbeitgeber nicht glauben, dass es beim vereinbarten Teilzeitarbeitszeitarrangement bleibt. Auch hier ist die Gefahr der Überstunden die Triebfeder, eine attraktive Position auszuschlagen. Und damit gehen wertvolle Mitarbeiter_innen für diese Positionen verloren.
Wäre es daher nicht an der Zeit, unsere Karrieremodelle von Grund auf neu zu denken? Unausgesprochene Voraussetzungen neu zu definieren? Und zu einer Arbeitswelt zu kommen, in der Leistung und außerberufliche Interessen kein Widerspruch sind?
Ich bin gespannt auf Ihre Meinung!
Lieber Peter!
Ich finde deine Seite wirklich gut und auch die Themen! Ganz spannend!
Im Herbst 12-13.11 gibt es die ersten Assistenz-Tage im Raiffeisen Campus geben. Dort wird es das Thema Generation XY geben. Brücken bauen
Spannend dein Bericht über Z!
Ich würde gerne mit dir ein Gespräch führen zu diesem Thema. Wenn du Zeit hast – ruf mich an.
Liebe Grüße
Renate