Wir schreiben das Jahr 2050. Österreich hat über 9,5 Millionen Einwohner. Mehr als ein Drittel der österreichischen Bevölkerung ist über 60 Jahre alt. Der Anteil der unter 15-jährigen liegt bei gerade einmal 13%. Nur etwas mehr als jeder zweite Bewohner des Landes ist im Erwerbsalter.
Das ist nicht etwa eine moderne Abwandlung des Roman 1984, sondern das Ergebnis der Bevölkerungsprognose der Statistik Austria, die in regelmäßigen Abständen erscheint. Unsere Bevölkerung altert. Dazu kommt, dass die derzeitigen Zuwächse der Bevölkerung zu einem großen Maß aus Zuwanderung bestehen. Wäre diese nicht vorhanden, dann hätte Österreich rechnerisch im Jahr 2050 nur mehr etwa 7,4 Millionen Einwohner, das sind um 11,6% weniger als heute.
Diese Tatsache sollte Unternehmen wachrütteln. Die Konjunkturprognosen sind gut, ein Arbeitskräftemangel aus heutiger Sicht mehr als vorprogrammiert. Die Politik ist aufgefordert, etwas zu unternehmen. Aber auch Unternehmen können bereits jetzt einiges tun, um nicht eines Tages in der Demografiefalle zu landen.
Wir brauchen die Alten!
Bisherige Modelle wie etwa das Modell der Altersteilzeit haben bei vielen Unternehmen, die dieses Modell angeboten haben, zu einem interessanten Phänomen. Die Grundidee, gleitend in den Ruhestand zu gehen, also gegen Ende des Arbeitslebens langsam Stunden zu reduzieren, wurde häufig durch die sogenannte „Blockvariante“ abgelöst – also einige Jahre noch voll zu arbeiten, um dann früher in „Pension“ gehen zu können. Die Frage, die sich aber für Unternehmen stellt, ist:
Was können wir tun, damit die erfahrenen MitarbeiterInnen länger bleiben?
Wenn man davon ausgeht, dass die Prognosen stimmen, dann braucht die Wirtschaft Anreize für erfahrene MitarbeiterInnen, länger zu bleiben. Denn bald wird eine Vielzahl der „Baby Boomer“ in Pension gehen und es kommen bei weitem nicht ausreichend Junge nach.
Hier einige Beispiele für einige Beispiele, was Unternehmen tun können und sollten, damit sie die „Alten“ halten:
- Bewusstsein schaffen im Management und bei den MitarbeiterInnen, dass dem Unternehmen daran gelegen ist, erfahrene MitarbeiterInnen zu halten
- Schulung der Führungskräfte zum Generationenmanagement
- Generationenübergreifendes Lernen fördern –altersmäßig gemischte Teams und Zeitfenster, in denen beide von einander lernen können (zB junge MitarbeiterInnen schulen erfahrene MitarbeiterInnen am PC)
- Erfahrene MitarbeiterInnen weiterqualifizieren – häufig endet die Personalentwicklung mit 50. Das Ergebnis ist sinkende Produktivität aufgrund mangelnder Weiterentwicklung
- Gesundheitsmanagement – Präventionsprogramme und Angebote für die unterschiedlichen Zielgruppen (v.a. Training für die Wirbelsäule, Vorsorgeuntersuchungen, …)
- Gemischte Projektleitungen – große Projekt an ein Duo vergeben aus „Alt und Jung“
- Aktives Generationen- und Übergabemanagement – Phasen einer „Doppelbesetzung“, in der neue Kollegen von erfahrenen, vor der Pension stehenden eingeschult werden
- Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von familiärer und privater Situation – gerade ältere MitarbeiterInnen sind häufiger von Pflegepflichten in der Familie betroffen
- Finanzielle oder immaterielle Anreize schaffen, die ein Verbleiben beim Unternehmen über den Pensionsstichtag hinaus fördern
Integration als Chance wahrnehmen
Wie oben bereits gezeigt, besteht das Bevölkerungswachstum in Österreich vor allem aus Zuwanderung. Das zeigt sich natürlich auch in der Verteilung in der Bevölkerung. Der Anteil der Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache steigt.
Integration bedeutet Verstehen und Annehmen – auf beiden Seiten. Zuwanderungsgruppen vom Arbeitsmarkt auszuschließen ist also eine sehr kurzsichtige Denkweise, denn letztlich sichern diese Menschen einen Bestand an Arbeitskräften. Die Frage für Unternehmen muss also lauten:
Was können wir tun, um in unserem Betrieb / Unternehmen Integration zu ermöglichen?
Auch die Kundengruppen mit nicht-deutscher Muttersprache steigen naturgemäß. Viele Unternehmen haben das noch nicht erkannt und treffen keine entsprechenden Maßnahmen. Integration in einem Unternehmen bedeutet nämlich auch, Kundengruppen zu integrieren, die ich bislang wenig beachtet habe, die aber da sind.
Einige Beispiele für Maßnahmen in und von Unternehmen zur Integration:
- Bewusste Kundenfokussierung auf Kundengruppen mit anderer Herkunft (zB beraten einige wenige Banken, Kunden schon in deren Muttersprache wo dies erforderlich ist)
- Einstellen von MitarbeiterInnen mit Sprachkenntnissen und anderer Muttersprache
- Bewusstsein schaffen im Management und in der Belegschaft, dass Zuwanderung eine Tatsache ist und den derzeitigen Bestand an Arbeitskräften sichert.
- Schulung von Management und MitarbeiterInnen in interkulturellem Verständnis
- Qualifizierung von MitarbeiterInnen anderer Herkunft analog zur Qualifizierung der im Inland geborenen MitarbeiterInnen (zB auch in der Persönlichkeitsentwicklung, …)
- Gemischte Teams und Projektgruppen – bewusstes Mischen von unterschiedlichen Herkünften in Projekten
- Gegenseitiges Erlernen der Sprache – Sprachen erlernen erweitert den Horizont
Employer Branding wird zur Überlebensfrage
Gerade in Wien zeigt sich, dass durch den Zuzug aus den Bundesländern, ein Arbeitskräftemangel eher unwahrscheinlich ist. In Kärnten sieht die Situation anders aus. Dort wird die Bevölkerung aller Voraussicht nach sinken.
Besonders in abgelegenen Regionen, in denen Schulabsolventen und generell neue MitarbeiterInnen schwer zu finden sind, wird Employer Branding und das aktive Anbieten von attraktiven Leistungen zunehmend zur Überlebensfrage.
Der Mittelstandsmonitor von Ernst & Young etwa zeigt, dass fast 75% der Betriebe es jetzt schon eher schwer oder sehr schwer finden, geeignete MitarbeiterInnen zu finden.
Daher ist es für Unternehmen unbedingt notwendig, bereits jetzt Maßnahmen zu ergreifen, die das Unternehmen in der Region attraktiv machen.
Einige Beispiele hierfür:
- Kooperationen mit Schulen (Wettbewerbe, Besichtigungen, …)
- Attraktive Einstiegsprogramme (Lehre mit Matura, Traineeprogramme, …)
- Nebenleistungen (Einkaufsservice, Küche, …)
- Förderung der individuellen Weiterentwicklung (Förderung von Fernstudien, Sprachkursen, …)
- Aktives Ansprechen bestimmter Zielgruppen (zB Mütter in Karenz für eine Tätigkeit danach gewinnen)
- Erleichterungen in der Organisation (Zubringerdienste, variable Gleitzeit, …)
Die Politik ist gefordert
Natürlich kann Demografiemanagement nicht nur an der Wirtschaft hängen bleiben. Auch die Politik ist massiv gefordert, dieser großen Herausforderung zu begegnen. Und zwar über eine Legislaturperiode hinaus. Ein Thema, dem sich die Politik angesichts der Zahlen jedenfalls stellen muss ist die Frage
Was müssen wir tun, damit in diesem Land wieder mehr Kinder zur Welt kommen?
2010 haben sich Geburten und Sterbefälle noch die Waage gehalten. In den kommenden Jahren wird das nicht mehr so sein. Es bedarf also Maßnahmen auf politischer Ebene, die das Bekommen von Kindern wieder lohnend machen. Eine Maßnahme, die dazu führen kann, ist jedenfalls das zur Verfügung stellen von Kinderbetreuungsplätzen. Denn das Fehlen ebensolcher gepaart mit einem unattraktiven Image von Karenz sind stark dafür verantwortlich, dass die Geburten zurück gehen. Dazu kommen Modelle, die es unattraktiv machen, nach der Karenzzeit wieder Vollzeit zu arbeiten. So sinnvoll eine Elternteilzeit-Regelung familienpolitisch ist, so wenig animiert sie dazu, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Nur ein ausreichendes Vorhandensein von Kinderbetreuungsmöglichkeiten gepaart mit sinnvollen Anreizen eines vollen Wiedereinstieges werden dieses Problem nachhaltig lösen können.
Inzwischen ist es an der Wirtschaft, etwas zu unternehmen. Möglichkeiten gibt es schon jetzt genug. Aber jedenfalls zu wenig Zeit, um noch lange zu warten.