Es ist schon interessant. Wenn wir uns die jenigen Unternehmen ansehen, die Nachhaltigkeit bis in ihre Wurzeln hinein vorbildlich umsetzen, dann stellt man rasch eines fest: Es sind zu 90% Eigentümer-gesteuerte Unternehmen, also Betriebe, die direkt von den Gründern und Eigentümern betrieben werden. Und das lässt natürlich die Frage zu: Kann nachhaltiges Wirtschaften in anderen Organisationsformen, etwa in einer börsenotierten Aktiengesellschaft, eigentlich funktionieren?
UnternehmerInnen mit Visionen
Die Landschaft jener Organisationen, die Nachhaltigkeit ganzheitlich leben, ist in Österreich noch recht dünn. Und dennoch gibt es Unternehmen, die in jederlei Hinsicht vorbildlich agieren und ihre Vorstellung von einer besseren Welt in ihren eigenen Wänden in die Tat umsetzen. Es sind dies vor allem jene Unternehmen, an deren Spitze ein/e UnternehmerIn, GrünerIn, EigentümerIn steht, die eine Vision hat. Und die diese konsequent in ihrem Haus umsetzen.
So seien hier beispielsweise das Waldviertler Unternehmen Sonnentor erwähnt. In der Nähe von Zwettl, in einer Gegend, die nun nicht gerade mit Infrastruktur im großen Stil aufwarten kann, hat sich Johannes Gutmann sein Kräuter-Imperium muss man fast sagen aufgebaut. 170 Menschen aus der Region haben dort einen Arbeitsplatz, in der kompletten Lieferkette wird auf Regionalität und biologische Erzeugung Wert gelegt, zahlreiche Preise hat man dafür und für die Bemühungen um die MitarbeiterInnen bereits erhalten. Zunehmend will man in Richtung Engerieautarkie gehen und wertet schon jetzt penibel aus, wie viel Ressourcen täglich im eigenen Haus verbraucht werden.
Ernst Gugler, Gugler Druck in Melk, ist ein ebensolcher Unternehmer. Gugler Druck hat sich auf nachhaltiges Drucken in all seinen Facetten spezialisiert und ist bereits jetzt gerne gewählter Partner für Unternehmen, die ihre Unternehmenskommunikation nachhaltig erzeugen lassen wollen.
Oder aber die Reinigungsfirma Simacek, die ein ausgetüfteltes CSR Konzept für sich etabliert hat und dieses in einer schwierigen Branche vorbildlich umsetzt. Von der betrieblichen Sozialarbeit, über Sprachinitiativen für die meist nicht aus Österreich stammenden MitarbeiterInnen bis zum neu eingeführten Anstellungsprojekt für Menschen mit Behinderung.
Alle haben eines gemeinsam: an ihrer Spitze stehen voll verantwortliche UnternehmerInnen, die ihre Vision Wirklichkeit werden lassen und damit erfolgreich sind.
Das große Bemühen
Man hat den Eindruck, das hätte das Thema CSR – Corporate Social Responsibility – seit einigen wenigen Jahren in Österreich eingeschlagen. Zahlen von KPMG und Ernst&Young zeigen, dass sich alleine zwischen 2008 und 2011 die Zahl der Nachhaltigkeitsberichte mehr als verdoppelt hat. Und dieser Trend hält an. Ein wenig scheint es so – und das ist grundsätzlich sehr gut so – als müsse man bei der neuen Bewegung der Nachhaltigkeit einfach dabei sein.
Einen Mangel an Bemühen kann man den Unternehmen daher nicht mehr pauschal vorwerfen und dennoch ist interessant zu sehen, dass im Tun vor allem die Eigentümer-geführten Unternehmen eindeutig die Nase vorne haben. Umgekehrt scheint es, also ob große börsenotierte Unternehmen sich viel mehr gezwungen sehen, Nachhaltigkeit zumindest nach außen zu vertreten. Der Bericht ist dabei oft ein legitimes Mittel, um das zu tun. Vielfach fehlen aber die notwendigen Strukturen, Denkweisen und vor allem das ehrliche, unternehmerische Interesse daran, neben betriebswirtschaftlicher Kennzahlen, Gewinnen und Umsatzsteigerungen noch andere Themen mit gleicher Intensität zu bearbeiten. Kann also eine börsenotierte und damit von Gewinnaussichten und -erwartungen getriebene, kurzfristig planende Organisation überhaupt jemals durch und durch nachhaltig agieren? Denn das heißt langfristige Entscheidungen zu treffen und in eine Zukunft wahrlich zu investieren. Aber sehen wir uns an, was wirlich nachhaltige Unternehmen tun und vielleicht beantwortet das die Frage.
Was Unternehmen brauchen, um wirklich nachhaltig zu sein
Sieht man sich die Eigentümer-geführten nachhaltigen Betriebe an, dann lassen sich sehr schön jene Faktoren erkennen, die Nachhaltigkeit in einer Organisation erst möglich machen:
- Eine langfristige Planung: Nachhaltige Unternehmen denken nicht in Jahreszyklen, in Börsejahren oder Quartalen. Sie denken in Jahrzehnten und mehr und folgen einem langfristigen Ziel, einer kühnen Vision, die dem eigenen unternehmerischen Tun einen Sinn verleiht.
- Sinn erleben und stiften: Ein wesentliches Merkmal ist das Arbeiten für einen größeren Sinn. Nicht die Fertigstellung von x-Stück eines Produkts, die Absatzsteigerung von y oder der Zuwachs von z. Sondern ein ehernes Sinn-Ziel, etwas in der Welt besser zu machen. Alles tun ist nur ein Schritt näher dahin und wenn die ersten Erfolge eingefahren sind, dann erleben die Unternehmen wirklich den Sinn ihres Tuns. Und der liegt nicht im halbminütigen Applaus der Aktionäre, weil man die Cost-Income-Ratio durch Personalkürzungen verbessert hat.
- Verbundenheit mit der eigenen Herkunft und Wertschätzung der Regionalität: auffällig ist, dass viele der wirklich nachhaltigen Betriebe nicht in Ballungszentren zu finden sind. Sie liegen häufig weit ab vom Schuss, in Regionen, in denen außer ihnen sonst oft kein Unternehmen mehr zu finden ist. Die Verbundenheit mit der Region, den Menschen vor Ort und das Bemühen um die Gemeinschaft wiegen mehr als das Streben nach Ausdehnung, globalem Agieren und Zentralisierung. Materialien durch die Welt zu karren, die vor der Haustüre zu bekommen sind, ist nicht Teil der Philosophie.
- Tun statt reden: Wirklich nachhaltige Unternehmen erleben Freude im Tun und reden oft gar nicht viel darüber. Sie freuen sich, wenn der Lohn ihrer Arbeit eine Auszeichnung ist, aber gehen oft den Weg lange einmal einfach zu tun und dann erst darüber zu reden. Unternehmen, die mit Nachhaltigkeit bewusst bei Kunden und im Wettbewerb punkten möchten, gehen oft den anderen Weg und möchten einmal sagen, wie toll sie sind, ohne zuerst die Mühen der Verwirklichung einer großen Vision gehen zu müssen.
- Alle ziehen in die gleiche Richtung: Ein sinnstiftendes, größeres Ziel braucht keine Motivationstiraden. Die unternehmerische Begeisterung ist das Ansteckenste, das es gibt und demnach agieren auch die MitarbeiterInnen solcher Häuser im Sinne des großen Ziels einer nachhaltigen Welt. Und das steigert das Engagement und die Leistung der Beteiligten enorm. Transparenz ist dazu ebenso ein Schlüssel wie Bescheidenheit – eine Eigenschaft, die großen Konzernen meist nicht zu Teil ist.
- Nichts zu verstecken: Nachhaltige Unternehmen haben nichts zu verstecken und agieren auch so. Sie sehen sich als Teil der Gesellschaft, der auch Antworten schuldig ist. Sie können klar ihre unternehmerischen Entscheidungen darlegen und begeben sich nicht in Gefahr, wegen unethischem Verhalten angeprangert zu werden. Damit tun sich börsenotierte Unternehmen schwer, denn oft sind es eben keine klassischen „unternehmerischen“ Entscheidungen, die getroffen werden und im Volksempfinden gibt es auch so etwas wie ein unmoralisches Gehalt – in Höhe, Art oder Form.
- Nachhaltigkeit mitdenken heißt über sich selbst nachgedenken: In den wirklich nachhaltigen Unternehmen ist Nachhaltigkeit kein lästiger Appendix, kein Blinddarm, der eben auch mit darf, sondern eine logische Überlegung bei jeder Handlung. Die Frage, welche Auswirkungen das eigene Tun auf andere, die Umwelt, die Gesellschaft hat, ist permanent im Raum. Nachhaltige Unternehmen sind selbstreflexiv, stellen sich selbst in Frage. In börsenotierten Gesellschaften werden Vorstände in der Regel nicht dafür bezahlt über sich selbst nachzudenken, sondern über Gewinne nachzudenken. Selbstreflexionsfähigkeit ist eine der Kernkompetenzen nachhaltiger Betriebe.
- Orientierung an Ergebnissen, aber an anderen: Auch nachhaltige Unternehmen agieren und müssen ergebnisorieriert agieren und denken. Nur, dass das Ergebnis nicht eine einzelne Zahl ist, sondern dass ein gutes Ergebnis aus vielen Faktoren generiert wird. Die Reduktion von Emmissionen ist dabei genau so ein Ergebnis, das honoriert und gefeiert wird, wie die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Steigerung der Zufriedenheit der MitarbeiterInnen, oder das Vollfüllen eines gesellschaftlichen Auftrages über regionale Aktivitäten und Föderungen.
Sie Liste liese sich sicherlich noch fortsetzen. Doch für eine erste Betrachtung ist sie ausreichend. Nachhaltigkeit braucht UnternehmerInnen, die verantwortlich und verantwortungsvoll agieren, ihren Freiraum nutzen, um es besser zu machen und letztlich damit erfolgreich zu sein. Viele große Unternehmen – auch, wenn sie schon brav an Nachhaltigkeitsberichten arbeiten – können davon eine Menge lernen. Denn erst wenn wir andere Werte vor die quantitativen Kurzfristzahlen stellen, wird Nachhaltigkeit auch in nicht-eigentümer-geführten Unternehmen wahre Realität.